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In der Kürze liegt die Würze! In vier Tagen gegen die Zwänge?

Gerne stellen wir immer mal wieder auf unserem Blog Forschungsprojekte vor. In einem frühren Beitrag berichteten wir über die "Relating Therapy" bei Stimmenhören. Heute geht es um die 4-tägige Kompaktbehandlung aus Bergen, Norwegen, die erstmalig im deutschsprachigem Raum am UKE in Hamburg angeboten wird. Viel Spaß beim Lesen!

© G. Nachtigall / Bergen, Norway

Zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden irgendwann in ihrem Leben unter einer Zwangsstörung [1]. Vor allem stellt die COVID-19 Pandemie für diese Menschen eine besondere Herausforderung dar [2, 3]. Auch wenn es sehr effektive Behandlungsansätze gibt, erweist sich die Störung häufig als hartnäckig. Weltweit große Aufmerksamkeit erhielt die viertägige Kompaktbehandlung aus Norwegen – „Bergen 4 Day Treatment“ (B4DT) – erstmals in Deutschland am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) umgesetzt und erforscht wird. Am UKE erhielten im Herbst 2022 die ersten Patient:innen im deutschsprachigen Raum die kompakte viertägige Behandlung.


"Viel wichtiger ist, gemeinsam zu erkunden, ob das Diktat des Zwanges abgelegt werden kann".

Die Behandlung findet aus einer Kombination von Einzel- und Gruppentherapie statt, wobei das Verhältnis von Patient:innen und Therapeut:innen 1:1 ist. Nach umfangreicher Vorbereitung und Information am ersten Tag bestehen der zweite und dritte Tag aus Expositionsübungen. Begleitet durch Therapeut:innen setzen sich Patient:innen ihren Ängsten aus. Dabei steht die Anwendung der richtigen Technik während der Expositionsübungen im Vordergrund, wie Studienleiterin Prof. Dr. Lena Jelinek am Beispiel einer Patientin mit Waschzwängen betont: „Die Türklinke in einem öffentlichen Gebäude anzufassen ist nur der Anfang. Viel wichtiger ist, gemeinsam zu erkunden, ob das „Diktat des Zwanges“ abgelegt werden kann." Statt sich nur den Ängsten zu stellen, lernen Patient:innen das Sicherheits- und Vermeidungsverhalten ihrer Zwangsstörung zu erkennen. „Es geht darum sich die Kontrolle über das eigene Leben zurück zu holen“, sagt Prof. Jelinek. Durch die individuelle und intensive therapeutische Betreuung kann dies dort geübt werden, wo die Zwänge ausgelöst werden, beispielsweise im häuslichen Umfeld.


"Ins Gewicht fällt die dichte individualisierte therapeutische Begleitung während der Expositionen. “

Solche Übungen sind in der Regelversorgung kaum umsetzbar, wie der Oberarzt der Station für Angst- und Zwangsstörungen am UKE, Dr. Amir Yassari erläutert: „Die kompakte viertägige Behandlung ist für viele Patient:innen ansprechender als ein zehn-wöchiger Klinikaufenthalt, auch wenn sie in kurzer Zeit einen größeren Einsatz von den Patient:innen abverlangt. Ins Gewicht fällt die dichte individualisierte therapeutische Begleitung während der Expositionen.“ Noch stellt dies eine Herausforderung an die Finanzierung der Behandlung dar: „Wir bekommen nicht mehr Geld für diese personalintensive Behandlung, doch wir hoffen langfristig Krankenkassen von dem Behandlungskonzept zu überzeugen“, meint Klinikdirektor Prof. Dr. Jürgen Gallinat.


In Norwegen erzielte die Behandlung sehr gute Ergebnisse: Über 90% der Patient:innen erreichen eine klinisch relevante Verbesserung [2]. Noch nach vier Jahren liegt die Remissionsrate bei fast 70% [3]. Insgesamt durchliefen in Norwegen bereits über 10.000 Patient:innen die Kompaktbehandlung und entsprechend wurde das Versorgungsystem dort reformiert. Um die Erfolge auch für Deutschland zu replizieren, wird die Behandlung am UKE therapiebegleitend umfangreich erforscht (siehe Flyer).



Quellen

  1. Presseinformation der Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V. https://www.zwaenge.de/wp-content/uploads/Pressemappe.pdf

  2. Jelinek, L., Moritz, S., Miegel, F., & Voderholzer (2021). Obsessive-compulsive disorder during COVID-19: Turning a problem into an opportunity? Journal of Anxiety Disorders, 77, 102329. https://doi.org/10.1016/j.janxdis.2020.102329

  3. Jelinek, L, Voderholzer, U., Moritz, S., Carsten, H. P., Riesel, A., & Miegel, F. (2021). When a nightmare comes true: Change in obsessive-compulsive disorder over the first months of the COVID-19 pandemic. Journal of Anxiety Disorders, 84. https://doi.org/10.1016/j.janxdis.2021.102493

  4. Hansen, B., Hagen, K., Öst, L-G., Solem, S., & Kvale G. (2018). The Bergen 4-day OCD treatment delivered in a group setting: 12-month follow-up. Frontiers in Psychology, 9, article 639.

  5. Hansen, B., Kvale, G., Havnen, A., Hagen, K., & Öst, L-G. (2018). The Bergen 4-day treatment format: Four years follow up of concentrated ERP in a clinical mental health setting. Cognitive Behavioral Therapy, 8, 1-17.



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