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Genesungsbegleitung– Zusammen ist man weniger allein

Zum diesjährigen Tag des Peer Supports am 15.10.20 wollen der Verein Genesungsbegleitung und Peerberatung Hamburg (GBPH), das Forschungsprojekt Using Peer Support In Developing Empowering Mental Health Services (UPSIDES) und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf mit einer kleinen Sammlung aus der Erfahrung in der Peer Arbeit auf das Thema aufmerksam machen. Das Mind-Brain Forum freut sich sehr, Ihnen diesen Gastbeitrag präsentieren zu dürfen und wünscht Ihnen wie immer viel Freude bei der Lektüre.


„Jeder Mensch hat einen Grund für das, was er tut. Es ist wichtig, nach dem Grund zu fragen.“ Reiner Ott

© G. Nachtigall / Turpan, China

„Ich glaube in allen Menschen wohnt etwas, was in diese Welt gehört, worauf sie wartet. Mitverantwortlichkeit ist auch eine Chance, die Menschen mit psychischen Problemen oft abgesprochen wird. Das ist auch eine Form von Ausgrenzung und nicht ernst nehmen.“ Gwen Schulz

Die Idee, dass sich Menschen unterstützen können, die gemeinsame Erfahrungen teilen, gibt es schon lange. Aus ihre entstammen Konzepte wie die Selbsthilfe. Auch Peer Support (wie etwa die Genesungsbegleitung in Deutschland) meint nichts anderes.


„Peer-Support bedeutet für mich, authentisch zu bleiben und mein Gegenüber so zu akzeptieren, wie er/sie ist. Beide dürfen sie selbst sein.“ Bernd Andreas Czarnitzki

Im Peer Support begegnen sich Menschen, die erlebt haben, wie es ist, wenn das Leben aus den Fugen gerät, Kopf oder stillsteht. Für alle Menschen kann das Leben verwirrend, einschüchternd und entmutigend sein. Wir können uns manchmal sehr allein und unverstanden fühlen, und es kann schrecklich sein, nicht mehr weiter zu wissen. In solchen Situationen wenden sich Menschen häufig an die Psychiatrie oder werden auch gegen ihren Willen eingewiesen. In solchen Momenten mit jemandem reden zu können, derdies nicht nur aus Büchern, sondern aus eigener Erfahrung kennt und weiß, wie es ist in Krisen hineinzugeraten aber auch, dass man aus ihnen wieder hinausfindet, das ist eine Stärke des Peer Support, die ihn von anderen Unterstützungsangeboten abhebt.


„Die Psychiatrie geht immer noch davon aus, dass krank und gesund gegensätzliche Zustände sind. Sie vergibt Diagnosen und stigmatisiert damit nachhaltig. Die Stimme von Erfahrenen und Angehörigen wird immer noch viel zu wenig gehört. Deshalb ist es uns am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ein Anliegen, den Trialog, Antistigmaarbeit und Peer Support mit einzubeziehen und in der Weiter- Entwicklung dringend zu fördern. Krisen gehören zum Da-Sein – auch in das Leben von Fachpersonal.“ Rebecca Nixdorf, Gwen Schulz, Candelaria Mahlke und Thomas Bock

Besonders in der Psychiatrie, einem Ort, an den Menschen sich wenden, wenn ihnen Krisen unüberwindbar scheinen, kann Peer Support helfen, Konzepte wie „gesund“ oder „krank“ zu hinterfragen, Stigmata abzubauen, Hierarchien zu überwinden und sich daran zu erinnern, dass alle Menschen, egal ob Peers, Profis, Angehörige … ihr eigenes Erfahrungswissen haben.


„Genesungsbegleitung bedeutet für mich, ich begleite den Menschen auf einen Teil seiner Lebensreise. Dazu kann auch mal dazu gehören, dass die Reise des Menschen in eine Sackgasse oder gegen eine Wand führt. Die Wichtigkeit in meinen Augen ist es dann, nicht zu bewerten und erst recht für den Menschen da zu sein, um neue Wege zu suchen und auszuprobieren.“ Reiner Ott

In sogenannten „Leitlinien“ werden Ärzt*innen empfohlen, welche diagnostischen und therapeutischen Verfahren bei bestimmten Krankheitsbildern in Betracht zu ziehen sind.In Deutschland wird Peer Support zwar in der aktuellen S3 Leitlinie empfohlen und es gibt auch mehr und mehr Peer Begleiter*innen in ganz unterschiedlichen Bereichen. In der Regelversorgung ist Peer Support jedoch im Vergleich zu anderen Ländern noch nicht angekommen.


„Veränderung ist nur möglich, wenn wir verstehen, warum wir so sind wie wir sind und uns mit uns selbst befreunden, uns nicht als falsch empfinden und aufhören gegen uns zu kämpfen.“ Gwen Schulz


"Was Peer Support für mich bedeutet und was daran wichtig für mich ist: [PEER] Praxisnah, Erfahrungsaustausch, Einfühlsam, Respekt [SUPPORT] Sicher fühlen, Unabhängig von Diagnosen, Persönlich, Professionell, Ohne Bewertung, Rat (ohne -schläge) finden, Toleranz" Lea Schramm

Erfreulicherweise gibt es in Hamburg mittlerweile viele Möglichkeiten, Peer Support in Anspruch zu nehmen. Am UKE beispielsweise existiert eine Peer Begleitung für Betroffene und Angehörige. Der GBPH bietet eine Telefon- und Mailberatung an. Im UPSIDES Projekt findet momentan global und auch am UKE eine Studie zu Peer Begleitung statt. Es gibt in Hamburg aber auch noch jede Menge weitere Orte und Möglichkeiten, Peer Begleitung kennenzulernen und auszuprobieren oder selbst Peer Begleiter*in zu werden, zum Beispiel beim Verein EX-In Hamburg.


„Beim Peer-Prinzip gelten gerade die Erfahrungen und Lebensphasen, die anderswo oft schambehaftet sind und lieber verschwiegen werden, als wertvoll und bereichernd. Es gibt keine „gescheiterten“ Biographien, nur unterschiedliche Wege, gerade und verschlungene, ebene und steile, breite Straßen und Trampelpfade. So kann Peer-Arbeit idealerweise Menschen in sinnerfüllte berufliche „Nischen“ führen, in denen sie mit dem, was sie zu geben haben, einen Unterschied machen und dafür Wertschätzung und Zugehörigkeit erleben. Das ist Teilhabe und Inklusion.“ Dr. Imke Heuer

Wir möchten uns herzlich bei denjenigen bedanken, die ihre Erfahrungen in der Genesungsbegleitung mit uns und den Leser*innen dieses Beitrags teilen.


Text: Rebecca Nixdorf, Gwen Schulz, Imke Heuer und Reiner Ott


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